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Stress macht unsere Pferde krank

Stress macht unsere Pferde krank

Stress macht unsere Pferde krank

Stress bei Pferden ist gar nicht so selten. Aber warum haben unsere Pferde Stress? Wir wenden so viel Zeit dafür auf, sie gut zu pflegen und zu umsorgen. Was genau macht ihnen Stress?

Was ist Stress?

Um Stress zu verstehen will ich zunächst auf das Prinzip Fight or flight – rest and digest eingehen. Also Flucht oder Kampf – Ruhen und Verdauen.

Das vegetative (unwillkürliche) Nervensystem besteht aus dem sympathischen und dem parasympathischen Anteil. Ziel des Systems ist es, die Homöostase also das Gleichgewicht im Körper aufrecht zu erhalten.

Wird das Pferd Stress ausgesetzt, wird der Sympathikus aktiv. Der Körper schaltet auf Fight or flight. Die Atemfrequenz erhöht sich, die Bronchien erweitern sich, das Blut wird vermehrt in die Skelettmuskulatur transportiert um eine schnelle Flucht, bzw. Kampf zu ermöglichen.  Das ist für das Fluchttier Pferd ein sehr wichtiger Regelmechanismus um vom Raubtier nicht gefressen zu werden. Ist die Gefahr vorüber, kann der parasympatische Anteil seine Aufgabe wieder aufnehmen. Der Parasympathikus reguliert die Versorgung der Verdauungsorgane und ist für Erholung und Aufbau zuständig. Das Gleichgewicht stellt sich im Körper wieder her.

Für das Wohlbefinden des Pferdes ist es also von großer Bedeutung, dass sich das System im Gleichgewicht befindet.

Haben unsere Pferde Stress?

Unsere Pferde laufen selten Gefahr, vom Raubtier bedroht zu werden. Der Reiter im Sattel kommt diesem noch am ehesten nahe. Unsere domestizierten Pferde haben eine andere Art Stress, der täglich auf sie einströmt. Und diesen gilt es zu vermeiden um sie gesund zu erhalten.

auch Fohlen haben Stress - Kerstin Jaud | Pferdeosteopathie
Stress beginnt bereits im Fohlenalter

Welche Faktoren können Stress auslösen?
  • •      Ungeliebter Boxnachbar
  • •      Niedrige Rangordnung
  • •      Führungsposition in der Herde
  • •      Platzmangel
  • •      Bewegungsmangel
  • •      Hunger
  • •      Rangelei ums Futter
  • •      Schmerz
  • •      Falsche Trainingsmethode
  • •      Stallwechsel
  • •      Turnier
  • •      Unpassender Sattel, Trense, Gebiss

Pferd hat Stress beim Training, Kerstin Jaud | Pferdeosteopathie
Schmerz und psychische Belastung durch hartes Training

Was passiert bei Dauerstress?

Dauerstress bleibt für das Wohlbefinden des Pferdes nicht ohne Folgen. Dieser kann sich sehr vielschichtig äußern. Hier ein paar Beispiele:

  • Das Bindegewebe reagiert auf Stress-Botenstoffe. Die Muskeln bleiben in Anspannung, die Faszien kontrahieren. Das verursacht Schmerzen. Das Tier nimmt eine Schonhaltung ein. Ganze Muskuläre Ketten, bzw. Faszienketten verspannen sich. Faszien verdicken sich. Es kommt zu chronischen Schmerzen und Verschleiß. Pferde mit Schmerzen entwickeln Sattelzwang, beginnen zu bocken, steigen, usw.

Schmerzgesicht eines Pferdes, Kerstin Jaud | Pferdeosteopathie
angespannter Kiefer und Kaumuskulatur

  • Eine weitere Folge von Stress können Magengeschwüre, sein. Bei Stress ist der Magen minderdurchblutet. Die Durchmischung des Nahrungsbreis wird gehemmt. Wird dann vermehrt Magensäure produziert, ist die Magenschleimhaut nicht ausreichend geschützt. Magengeschwüre entstehen.
  • Nehmen die Stresshormone im Körper überhand, entsteht ein Ungleichgewicht im Körper. Der Stoffwechsel wird gestört.
  • Das Immunsystem leidet. Der Körper reagiert mit häufigen Infekten. Allergien können auftreten oder verstärkt werden. Auch sind Haarlinge beispielsweise ein Zeichen von einem unterdrückten Immunsystem.
  • Immer mehr Pferde leiden unter Pseudonarkolepsie. Viele davon haben Schlafmangel. Auch das ist Stress.

Doch macht sich Stress nicht nur körperlich sondern auch psychisch bemerkbar. Manche Pferde reagieren mit Aggression, während Andere in eine erlernte Hilflosigkeit oder auch in eine Depression verfallen. Häufig bringen Pferdebesitzer die ersten Anzeichen gar nicht mit Stress in Verbindung. Unsere Pferde haben keinen Schmerzlaut. Daher liegt es an uns, unsere Pferde aufmerksam „zu lesen“. Nur so können wir erste Anzeichen von Verhaltensstörungen wie Koppen, Weben, Wetzen der Zähne an Stangen, etc. frühzeitig erkennen.

misstrauischer, ängstlicher Gesichtsausdruck eines Pferdes, Kerstin Jaud | Pferdeosteopathie
misstrauischer, ängstlicher Blick

Um Dauerstress zu vermeiden, müssen wir zum Einen die oben genannten Faktoren, die beim Pferd Stress auslösen, kennen. Zum Anderen müssen wir die mitunter recht feine Körpersprache der Pferde zu deuten wissen.

Wie erkenne ich, ob mein Pferd Stress hat?

Da Pferde keinen Schmerzlaut haben, sollten wir uns mit ihrer Körpersprache und Mimik befassen um sie lesen zu können. Pferde leiden oft  stumm, ohne dass es zu deutlichen Anzeichen wie Schlagen oder Beißen kommt.

Anzeichen von Stress sind:

  • •      Gekräuselte Nase,
  • •      Zähneknirschen
  • •      Schweif schlagen
  • •      Ohren anlegen
  • •      Nervöses oder aggressives Ohrenspiel
  • •      Das Weiße in den Augen
  • •      Verspannte Kaumuskulatur deutet auf Schmerzen hin
  • •      Wetzen der Zähne an Stangen
  • •      Stumpfes Aussehen
  • •      Teilnahmslosigkeit

Werden die Pferde langfristig nicht erhört, leiden sie ohne sich zu wehren. Depressionen können entstehen.

Manche Pferde, die ich behandle, sind so stumpf, dass sie garkeine Schmerzen mehr zeigen. Manche Pferdebesitzer bestrafen unerwünschtes Verhalten, anstatt die Warnsignale ihrer Pferde ernst zu nehmen. Werden ihre Schmerzäußerungen unterbunden oder nicht erhört, schalten sie ab und werden in sich gekehrt.

Pferd in sich gekehrt, depressiv, Kerstin Jaud | Pferdeosteopathie
in sich gekehrter Blick, das Pferd hat abgeschaltet

Wie können wir Stress für unser Pferd vermeiden? 

Stress können wir vermeiden, indem wir immer und immer wieder mögliche Stressfaktoren ausfindig machen und unterbinden, bzw. minimieren. Das A und O ist eine möglichst artgerechte Haltung mit ausreichend Heu, viel Platz und Bewegung. Das Training darf nicht überfordern und die Ausrüstung muss passen. Dafür ist es notwendig, sich mit den Bedürfnissen des eigenen Pferdes auseinanderzusetzen. Denn das Eine Pferd macht ganz gerne mal einen Ausflug mit dem Anhänger. Für das Andere ist die Trennung von seiner Herde oder das Erlernen einer neuen Lektion bereits Stress.

Es liegt in unserer Hand, unser Pferd auf diesem Level abzuholen, auf dem es sich befindet und von dort aus weiterzuarbeiten. Und zwar in SEINEM Tempo!

In diesem Sinne wünsche ich euch mit eurem Partner Pferd viel Spaß und viele tolle stressfreie Erlebnisse!