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Brauchen Pferde einen Zahnarzt?

Brauchen Pferde einen Zahnarzt?

Titelfoto: Swen Bücken

Brauchen Pferde einen Zahnarzt?

Keine oder mangelnde Zahnbehandlung unserer Pferde kann fatale Folgen haben. Warum Pferde einen Zahnarzt brauchen erfahren Sie hier.

Damit unsere Pferde unbeschwert fressen können, brauchen ihre Zähne regelmäßige Pflege.  Aber warum ist das so?

Die Zähne der Pferde sind für hartes Steppengras konzipiert. Pferde in freier Wildbahn haben die Möglichkeit, rund um die Uhr zu grasen. Sie kauen ihr Futter nicht wie der Mensch sondern zermahlen es zwischen den Kauflächen ihrer Backenzähne. Dazu benötigt der Unterkiefer genügend Bewegungsfreiheit nach links und rechts aber auch nach vorne und hinten. Die Zähne der Pferde reiben sich durch das ständige Mahlen beim Fressen ab. Sie werden dafür  2-3 mm pro Jahr aus dem Kiefer nach draußen in die Maulhöhle nachgeschoben.

Unsere domestizierten Pferde haben jedoch andere Ernährungsbedingungen. Daraus ergeben sich zwangsläufig Probleme. Auf die zwei wichtigsten möchte ich hier eingehen:

1. Haken

Unsere Pferde bekommen Kraftfutter in Form von Getreide, Müsli und Pellets. Die Pferde mahlen es nicht wie Heu, sondern zerquetschen es mit den Zähnen. Der Bewegungsausschlag des Kiefers ist viel kleiner. Die Zähne nutzen sich nicht in ihrer kompletten Breite ab. Es entstehen sogenannte Haken am Oberkiefer außen bzw. am Unterkiefer innen. Diese schränken das Bewegungsausmaß des Kiefers ein. Das Pferd kann immer weniger eine physiologische Mahlbewegung durchführen. Schließlich beginnen die Haken, die Zunge und die Maulschleimhaut des Pferdes zu verletzen. Das verursacht große Schmerzen. Wird dieses Pferd geritten und um den Pferdekopf ein Nasenriemen verschnallt, kommt zusätzlich Druck auf die Backe. Der Druck der  Maulschleimhaut auf die Haken verstärkt sich. Die Schmerzen werden größer. Das Pferd wird widersetzlich. Verschlimmert sich die Problematik, frisst das Pferd zusehends weniger und magert trotz reichlichem Futterangebot ab. Die  Schmerzen beim Kauen sind groß und das Pferd kann das abgeschluckte Futter nicht richtig verwerten.

Kerstin Jaud | Praxis für Pferdeosteopathie

2. Zu lange Schneidezähne

Die Schneidezähne unserer domestizierten Pferde haben viel weniger Abrieb. Durch unsere Haltungsbedingungen sind sie deutlich weniger beansprucht. Einerseits haben ein Großteil unserer Pferde nicht mehr 24 Stunden Zugang zur Weide, wie es ihrer Natur entspräche. Andererseits ist unser Gras weicher als Steppengras. Die Schneidezähne haben dadurch viel weniger Abrieb als freilebende Pferde. Die Schneidezähne werden zwangsläufig immer länger. Das hat zur Folge, dass die Backenzähne irgendwann keinen Kontakt mehr zueinander haben. Das Pferd muss fester zubeißen, damit die Backenzähne Kontakt bekommen und die Nahrung zerkleinert werden kann. Das überanstrengt und verspannt die Kaumuskulatur. Die Schneidezähne werden immer schräger und schieben sich nach vorne. Das Kiefergelenk leidet darunter. Weitere Verspannungen im ganzen Körper des Pferdes sind die Folge.

Zum einen hat sich die Art und Weise wie die Pferde kauen verändert. Zum anderen ist der Abrieb der Zähne geringer geworden. Daher ist es notwendig, die Zähne unserer Pferde durch einen Fachmann regelmäßig kontrollieren und bei Bedarf korrigieren zu lassen. Die Empfehlung liegt bei mindestens einer Zahnkontrolle pro Jahr.

Ein mangelhaftes Gebiss kann den ganzen Körper des Pferdes beeinträchtigen. Es leidet dann nicht nur unter Kiefergelenksproblemen und Verspannungen der Kaumuskulatur. Die Verspannungen können sich durch den ganzen Körper fortsetzen und den Bewegungsapparat in eine unphysiologische Haltung bringen. Das Pferd wird unrittiger und widersetzlicher. Der Rücken, die Vorhand und schließlich auch die Hinterhand werden beeinträchtigt. Durch die Verspannungen können zusätzlich Gelenksblockaden entstehen. Wird dem Pferd nun geholfen und das Gebiss wieder in einen physiologischen Zustand versetzt, hilft ihm eine osteopathische Behandlung schnell aus seiner Schonhaltung heraus. Das Pferd erlangt seine Bewegungsfreude wieder und kann sich frei und verschleißarm fortbewegen.