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Heu ad libitum

Heu ad libitum

Immer mehr Ställe stellen glücklicherweise auf Heu ad libitum um. Warum ist es so wichtig, dass Pferde 24h Zugang zu Heu bekommen?

Heu ad libitum bedeutet nichts anderes als den Pferden 24h den Zugang zu Heu zu ermöglichen.
Warum ist das so wichtig? Reichen zwei bis drei Portionen Heu täglich nicht aus?

Pferde sind Dauerfresser.

Ihr Verdauungstrakt ist dafür ausgelegt, rund 16-18h pro Tag zu fressen. Das bedeutet, dass der Magen eines Pferdes in freier Wildbahn niemals leer wird.

Die Faustformel für Pferde besagt, dass sie pro 100kg Pferd 1,5-2kg Heu benötigen. Das entspricht bei einem Warmblut mit einem Gewicht von 600kg ca. 9-12kg Heu pro Tag. Schwerfuttrige und ältere Pferde benötigen häufig mehr.

Magen

Das Pferd beginnt beim Heu fressen zu speicheln. Der Speichel ist wichtig, da er den pH-Wert im Magen reguliert. Speichelt das Pferd also viel, kann viel Magensäure neutralisiert werden. Frisst das Pferd ein Kilogramm Heu, produziert es ca. 4 Liter Speichel. Das sind dann 36-48 Liter Speichel pro Tag! Bei einer Portion Kraftfutter hingegen produziert das Pferd lediglich ca. 1Liter Speichel. Dadurch wird die Magensäure nicht ausreichend neutralisiert.

Durch die Salzsäure, die im Magen produziert wird, werden Krankheitskeime abgetötet. Der Magen des Pferdes ist nicht einfach nur sauer. Er benötigt einen ganz bestimmten pH-Wert. Nämlich pH 5-6 im vorderen Bereich und pH 2,5-3 im hinteren Bereich.

Sind die Fresspausen zu groß so sinkt der pH-Wert auf bis zu 1,3 im Magen ab. Der Magen des Pferdes sollte daher nie leer sein. Ist der Magen durch eine zu geringe Raufuttermenge auf Dauer übersäuert, wird die Magenschleimhaut angegriffen. Sie entzündet sich und kann im schlimmsten Fall zu Magengeschwüren führen.

Dünndarm

Sobald der Nahrungsbrei aus dem Magen in den Dünndarm weitertransportiert wird, wird er durch Gallenflüssigkeit aus der Galle und Pankreassaft aus der Bauchspeicheldrüse neutralisiert. Der pH-Wert im Dünndarm sollte bei 7-8 liegen, also basisch. Im Dünndarm werden Eiweiße, Kohlenhydrate und Fette mit Hilfe von Verdauungsenzymen aufgespalten und von der Darmwand aufgenommen. Der Nahrungsbrei verweilt nur ca. 1,5h im Dünndarm. In dieser kurzen Zeit kann nur eine begrenzte Menge von Eiweißen, Kohlenhydraten und Fetten im Dünndarm aufgenommen werden.

Ist der Nahrungsbrei aus dem Magen zu sauer, so können die Verdauungsenzyme auf Grund des zu sauren pH-Wertes nicht richtig arbeiten. Es kommt zu einem Nährstoffmangel. Was im Dünndarm nicht aufgenommen werden kann, landet zwangsläufig im Dickdarm.

Dickdarm

Im Dickdarm sollten Cellulose, Pektin und Lignin von den Mikroorganismen aufgespalten werden. Die Bakterien benötigen für ihre Fermentierung ein neutrales bis leicht basisches Milieu.

Werden vom Dünndarm Eiweiße, Kohlenhydrate und Fette mit in den Dickdarm geschleust, ändert sich die Bakterienzusammensetzung dort. Das bedeutet, dass Milchsäurebakterien, die eigentlich nur im Magen aktiv sein sollten, bis in den Dickdarm mittransportiert werden. Da das Milieu durch die Milchsäurebakterien aber sauer gehalten wird, sterben die celluloseverdauenden Bakterien ab und die Milchsäurebakterien machen sich breit. Das Absterben der Mikroorganismen lässt Endotoxine frei werden, die den Entgiftungsstoffwechsel des Pferdes belasten.

Fazit

Eine Heu ad libitum-Fütterung ist für ein Pferd also die Basis seiner Gesundheit! Wird am Heu gespart, können die Folgen nicht mit Kraftfutter und anderen Zusatzfuttern kompensiert werden, da die Bakterienzusammensetzung im Darm nicht mehr den Anforderungen des gesunden Pferdes entspricht. Somit ist klar, warum Heu ad libitum einen so wichtigen Stellenwert in der Ernährung des Pferdes hat. Durch Fresspausen und eine zu hohe Kraftfuttermenge wird das Darmmilieu eines Pferdes immer negativ beeinflusst und führt langfristig zu unterschiedlichsten Krankheitssymptomen.